Wien, 31.10.2019: In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg warnte H&Ms Vorstandsdirektor Karl-Johan Persson dieser Tage davor, dass der Aufruf zu weniger Fast Fashion Konsum „schreckliche soziale Folgen“ haben könnte und die Bekämpfung von Armut gefährden würde. Diese Feststellungen wurden mit Häme in namhaften Medien aufgegriffen. Gertrude Klaffenböck, Koordinatorin der CCK in Österreich, dazu: „Wir können der Behauptung, dass es Arbeitsplätze und soziale Absicherung braucht, durchaus etwas abgewinnen. Doch die globale Bekleidungsindustrie fußt auf Ausbeutung von Arbeitskräften in ärmeren Ländern. Bei Fast Fashion zu Niedrigpreisen werden Gewinne nur mit der Durchsetzung von Hungerlöhnen, gefährlichen Arbeitsplätzen und der Unterdrückung von ArbeiterInnen möglich. Es gilt hier das Geschäftsmodell zu ändern und nicht die KonsumentInnen verantwortlich zu machen.“
Die CCK hat mit Untersuchungen vor einem Jahr gezeigt, dass trotz lauttönender Versprechen H&M keiner der 850.000 ArbeiterInnen in den Zulieferbetrieben existenzsichernde Löhne zahlt. Bei H&Ms Zulieferern verdient eine ArbeiterIn in Bulgarien weniger als 10% des Existenzlohnes, ihre Kollegin in Indien gerade mal 35% des Existenzlohnes. Das gegenwärtige Geschäftsmodell nutzt Abhängigkeit und Ungleichheit aus, indem es sich inakzeptabel niedriger Entlohnung und Arbeitsstandards bedient. Für Armutsbekämpfung, die diesen Namen verdient, braucht es hingegen Existenzlöhne und menschenwürdige Bedingungen, keines von beiden gewährleistet die global organisierte Fast Fashion Industrie.
„Derzeit scheinen Vorstände von transnationalen Unternehmen wie H&M in einem rechtsfreien Raum zu agieren. Die Missachtung von Menschen- und Arbeitsrechte steht auf der Tagesordnung“, meint auch Stefan Grasgruber-Kerl, Kampagnenleiter von Südwind. Unternehmen müssen mittels Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zur Respektierung von Menschen- und Arbeitsrechten angehalten werden. Der derzeit im Österreichischen Parlament vorliegende Entwurf für ein Sozialverantwortungsgesetz (SZVG) ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. „Das Gesetz sollte so schnell wie möglich auf den Weg gebracht werden. Aber auch EU Kommission und Europäisches Parlament müssen die Verhandlungen für ein verbindliches UN-Abkommen zu Unternehmensverantwortung konstruktiv vorantreiben“, so Grasgruber-Kerl abschließend.
Weiterführende Informationen:
Interview H&M CEO Karl-Johan Persson: https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-10-27/h-m-ceo-sees-terrible-fallout-as-consumer-shaming-spreads
Clean Clothes Report zu existenzsichernden Löhnen: https://www.cleanclothes.at/media/filer_public/78/8de/788da4d7-f4ff-404d-87bf-be25e7401510/hm_report-_deutsch_at-24092018.pdf
Rückfragehinweis:
Theresa Gral, Südwind Pressesprecherin, +43 650 375 1987, theresa.gral@suedwind.at
Gertrude Klaffenböck, Clean Clothes Kampagne / CCK, +43 676 44 608 33, gertrude.klaffenboeck@suedwind.at
Südwind setzt sich als entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisation seit 40 Jahren für eine nachhaltige globale Entwicklung, Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen weltweit ein. Durch schulische und außerschulische Bildungsarbeit, die Herausgabe des Südwind-Magazins und anderer Publikationen thematisiert Südwind in Österreich globale Zusammenhänge und ihre Auswirkungen. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen, Kampagnen- und Informationsarbeit, engagiert sich Südwind für eine gerechtere Welt. www.suedwind.at