Eukalyptus-Plantagen – eine brandgefährliche, grüne Wüste
Ob Versandpaket, Einwegbecher, Fastfood-Karton oder Verpackung im Supermarkt – holzbasierte Materialien wie Papier und Karton sind allgegenwärtig. Da Holz bzw. Zellstoff ein nachwachsender und prinzipiell recyclingfähiger Rohstoff ist, gelten Verpackungen aus Karton & Co. als nachhaltig – besonders im Vergleich zu Plastik. Aber ist das so?
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des Verpackungsmülls in der EU ist aus Papier.
Im Jahr 2020 waren es 32 Millionen Tonnen Papier-Verpackungsmüll und damit mehr als Plastik- und Glasverpackung zusammen.
Seit der COVID-Pandemie mit einem rasanten Wachstum des Online-Handels und der Take away-Kulinarik ist diese Tendenz nochmals gestiegen. Gestillt wird der Hunger nach Zellstoff durch gigantische Monokulturen schnell wachsender Baumarten wie Eukalyptus, etwa in Brasilien. Dort fressen die Plantagen immer mehr Fläche, einheimische Kleinbäuer:innen werden vertrieben und der Lebensraum zerstört – eine soziale und ökologische Katastrophe.
Früher kam der Zellstoff für unser Papier fast ausschließlich aus Skandinavien, doch die Wälder dort sind längst übernutzt. Heute ist Brasilien ein wichtiges Zellstoff- Erzeugerland. Die Anbaumenge hat sich dort in den letzten 20 Jahren verdreifacht.
Ein Eindruck von SÜDWIND im Bundesstaat Bahia, Brasilien.
Was hier wächst, ist kein Wald. Bäume in Reih und Glied, ohne Platz für Unterholz und Artenvielfalt, eine „grüne Wüste“.
Die Eukalyptusbäume wachsen, so wie der globale Hunger nach Zellstoff, extrem schnell und können schon nach 6 bis 7 Jahren geerntet und zu Geld gemacht werden. In der Zeit benötigen sie allerdings unfassbare Mengen Wasser, über 200 Liter pro Baum und Tag. Wenn wir über die drohende Wasserknappheit auf dem Planeten sprechen, wird selten erwähnt, dass die Zellstoffindustrie der drittgrößte Verbraucher von Wasser ist. Hinzu kommt, wie immer bei Monokulturen, ein extrem hoher Pestizideinsatz, der die Böden, das Grundwasser und die Lebewesen langfristig vergiftet.
Auch Land, das einheimische Kleinbäuer:innen seit Generationen bewirtschaften, fällt oft Rinderfarmen und schließlich dem Eukalyptus-Flächenfraß zum Opfer. Sie werden vertrieben, ihnen bleibt keine Möglichkeit, Nahrungsmittel anzubauen, es bleiben nicht einmal Jobs.
„Wir essen keine Zellulose“, MST-Aktivistin Lucineia Duraes do Rosaario, Bahia
Was bleibt, sind ausgelaugte, vergiftete Böden, die durch bis zu 60 Tonnen schwere Holz Vollernter und Schwerlastverkehr so verdichtet wurden, dass sie laut Expert:innen viele Jahrzehnte brauchen, um sich zu erholen. Eukalyptus-Plantagen sind auch ein Treiber von Tropenwaldzerstörung, weil sie oft Rinderweiden verdrängen, die sich dann tiefer in den Regenwald fressen. Zudem begünstigen die Eukalyptus-Monokulturen Dürren und Waldbrände: Das Eukalyptus-Öl in Blättern und Rinde des ursprünglich aus Australien stammenden Baums ist leichter entflammbar als Diesel! Seltsamerweise werden trotz all dem immer wieder Eukalyptus-Plantagen als Klimaschutzprojekte ausgegeben – der Gipfel des Greenwashing!
Auslagerung ist keine Lösung:
Wir können uns nicht aus der Abfallkrise herausrecyceln!
Natürlich ist letztlich auch unser Konsumtreiber der Missstände. Bei vielen hat sich der Eindruck verfestigt, man bräuchte nur Plastikverpackungen durch Papierverpackungen ersetzen und schon sei alles gut – „wird eh recycelt!“.
Das ist ein Irrglaube. Bei den meisten Papiererzeugnissen ist der Anteil an Frischfaser weit höher als der an Recyclingfaser. Eine nachhaltige Erzeugung der nachgefragten Menge von Papier ist längst nicht mehr möglich. Jährlich werden 3 Milliarden Bäume gefällt, um Verpackung aus Papier herzustellen. Auch aufgrund der Verunreinigung durch Essensreste ist es schwierig und energieaufwändig Papier zu recyceln. Hinzu kommt, dass viele Essensverpackungen eben nicht aus reinem Zellstoff bestehen, sondern aus Verbundmaterialien mit Kunststoff. Diese sind oft schwieriger zu recyceln als Plastik.
Es steht fest: Wir können uns nicht aus der Abfallkrise herausrecyceln! Papier und Zellstoff sind wertvolle, energieintensive Rohstoffe – ihr Verbrauch gehört eingedämmt, vor allem der Einweg-Konsum. Bisher steigt aber die Erzeugung von Papier und Zellstoff jedes Jahr weiter, genauso wie die Produktion anderer Rohstoffe. Denn nicht nur die Eukalyptus-Monokulturen wachsen, sondern auch die Soja- und die Palmöl-Monokulturen. Der Anbau wird – wie so vieles – in Länder des Globalen Südens ausgelagert, und damit ebenso die sozialen und ökologischer Schäden: Gewaltsame Vertreibung, Verlust von Lebensgrundlagen und Zerstörung von tropischen Wäldern. Es ist höchste Zeit diese „Imperiale Lebensweise“ (Markus Wissen/Ulrich Brand) zu überwinden.
Unsere Forderungen:
- Konsequente Durchsetzung des EU-Waldschutzgesetzes durch unabhängige Kontrollbehörden, die bei Vergehen wirksame Strafen verhängen.
- Schutz von Menschenrechten, insbesondere der Rechte von Indigenen und der Rechte von Kleinbäuerinnen und Landarbeiter:innen.
- Verbindliche Reduktions-Ziele für Einweg-Verpackungen, sowie eine verbindliche Einführung von Wiederverwendungs-Systemen (z. B. für Take-Away) durch die neue EU-Verpackungsverordnung!
- Kein Aufschub und keine gesetzlichen Schlupflöcher mehr für die Verpackungs- und Fast-Food-Industrie!
Was SÜDWIND jetzt tut:
- Mit unserer langjährigen Expertise wirken wir aktiv auf politische Entscheidungsprozesse ein – in Österreich wie auf EU-Ebene.
- Mit Kampagnen und Aktionen sensibilisieren wir die breite Öffentlichkeit. Nicht nur Plastikmüll ist ein Problem, sondern auch das viele Papier, für das unzählige Bäume gefällt werden!
- Wir bekämpfen Lobbyinteressen, die eine gerechte und nachhaltige Lösung des Waldzerstörungs- und „Papierproblems“ verhindern wollen.