Lieferkettengesetz

Was bringen Sorgfaltspflichten?

Viele unserer Alltagsprodukte, seien es elektronische Geräte, Bekleidung oder Lebensmittel, durchlaufen viele Stationen in ihrer Herstellung und zwar in verschiedenen, oft weit voneinander entfernten Ländern. Die globalen Lieferketten sind komplexer geworden. Die Handhabe über negative Auswirkungen schwieriger.

Intransparente Liefereketten und Profitgier ohne unternehmerische Verantwortung befeuern einen Wettlauf nach unten. Dadurch tragen Unternehmen dazu bei, dass Ökosysteme zusammenbrechen, die Klimakrise verschärft wird, Arbeits- und Gewerkschaftsrechte ausgehöhlt werden und Hungerlöhne, Zwangs- und Kinderarbeit sowie die Ermordung von Umwelt- und Menschenrechtsaktivist:innen ohne Konsequenzen bleiben. Hinzu kommt, dass in Ländern mit schwachen Umwelt- Arbeits- und Menschenrechtsstandards menschenrechtswidriges Handeln von Unternehmen oft ungestraft bleibt.
Daher braucht es dringend starke gesetzliche Regeln, um diese zerstörerischen Entwicklungen aufzuhalten und Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen.

Welche Regelungen gibt es bereits?

Es gibt bereits internationale Leitlinien zu unternehmerischem Verhalten, wie die UN-Leitprinzipien über Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Der Haken: Diese basieren auf Freiwilligkeit. Auf EU-Ebene haben einige Länder verpflichtende Rechtsvorschriften für Unternehmen erlassen, sogenannte Sorgfaltspflichten – darunter Frankreich, Deutschland und Norwegen.

Diese Rechtsvorschriften gehen bisher nicht weit genug. Sie erfassen nur einen kleinen Prozentanteil der Unternehmen und verbessern somit die Rückverfolgbarkeit in den Lieferketten – und damit die Klärung von Verantwortlichkeiten – nicht wesentlich. Außerdem ist klar: Wenn die Wertschöpfungsketten global sind, dann müssen auch gesetzliche Rahmenwerke global greifen können.  

Faktencheck EU-Lieferkettengesetz

Eine Eindordnung von gängigen Mythen und bewusst verbreiteten Halbwahrheiten zum EU-Lieferkettengesetz – herausgegeben von der Treaty Alliance, Februar 2024

Was soll ein EU-Lieferkettengesetz leisten?

Die EU ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Viele Unternehmen, die in der EU, aber auch global produzieren, haben hier ihren Sitz. Daher hat es einen großen Einfluss auf die Weltwirtschaft, wenn die EU einheitliche Regeln zur Unternehmensführung erlässt. Dabei müssen diese Grundprinzipien berücksichtig werden

Die gesamte Wertschöpfungskette muss erfasst werden

Sorgfaltspflichten müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette erfüllt werden. Das heißt sie umfassen eigene Tätigkeiten, jene von Tochtergesellschaften und der Produktion vorgelagerte (upstream) und nachgelagerte (downstream) Aktivitäten. Vor allem in den ersten Stufen der Kette geschehen oft schwerwiegende Menschenrechts- und Umweltverstöße. Unternehmen, die von Rohstoffen profitieren, müssen Verantwortung übernehmen über die Bedingungen in den Abbauländern.

Alle Unternehmen müssen erfasst werden

Alle Unternehmen müssen unabhängig von ihrer Größe Verantwortung für ihre Wertschöpfungsketten übernehmen. Es dürfen nicht nur die größten Unternehmen erfasst werden. Es darf keine Ausnahmen für den Finanzsektor geben.

Rechtszugang für Betroffene und zivilrechtliche Haftung für Unternehmen

Die EU muss Betroffenen negativer Auswirkungen von Unternehmensführung Zugang zur Justiz ermöglichen. Es braucht diesen Rechtsweg, denn sonst gibt es keine Möglichkeit auf Entschädigung und viele Verstöße würden unentdeckt bleiben. Das bedeutet, dass die Unternehmen einer zivilrechtlichen Haftung unterliegen sollen. Gleichzeitig darf die Beweislast nicht allein auf den Schultern der Betroffenen liegen. Vielmehr sollten Unternehmen nachweisen müssen, dass sie sich an die Regeln halten.

Alle Menschenrechts- und Umweltauswirkungen müssen erfasst sein

Übereinkommen, wie das ILO-Übereinkommen über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt, müssen explizit genannt werden. Die Richtlinie muss auch nachteilige Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf das Klima erfassen. 

Starke Durchsetzung und harte Sanktionen

Nur harte Strafen für Unternehmen, die die Sorgfaltspflicht nicht befolgen, können sicherstellen, dass das Gesetz auch Wirkung entfalten kann.

Partizipation und Inklusion

Risiken können nur richtig eingeschätzt werden, wenn die Menschen, die direkt von den Unternehmensentscheidungen betroffen sind, konsultiert werden. Gewerkschaften und Arbeitnehmer:innenvertretungen sowie Organisationen der Zivilgesellschaft und betroffene indigene und lokale Communities müssen daher in den Prozess der Sorgfaltspflicht miteinbezogen werden. Kollektivvertragsverhandlugen durch Gewerkschaften müssen garantiert werden.

Transparenz stellt Verantwortlichkeit her

Eine Transparenz für die Öffentlichkeit muss hergestellt werden – beispielsweise über eine Pflicht zur Offenlegung bei berechtigten Bedenken. Ansonsten kann Verantwortlichkeit nicht geklärt werden und es kann oft Jahre dauern bis Ermittler:innen Verbindungen von Niederlassungen, Lieferant:innen und Geschäftspartner:innen zu EU-Unternehmen aufdecken können.

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