Wien, 17. Mai 2022. Laut Regierungsprogramm sollten sowohl das Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik 2022 – 2024 als auch die Strategie der Humanitären Hilfe der Republik Österreich seit Ende 2021 beschlossen sein. Ebenfalls ausständig ist die im Regierungsprogramm vorgesehene Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit. Gleichzeitig drohen katastrophale Auswirkungen für Millionen Menschen durch multiple, sich gegenseitig verstärkende globale Krisen – von der Corona-Pandemie über die Klimakrise bis hin zum Krieg in der Ukraine und damit verbundenen Nahrungsmittelengpässen. „Millionen Menschen, insbesondere in Ländern des Globalen Südens, geraten immer stärker unter Druck. Gerade vergleichsweise wohlhabende Länder wie Österreich haben eine Verantwortung, drohenden Katastrophen vorzubeugen. Dazu zählt die Aufwendung von Hilfsmitteln, aber auch Know-How-Transfer, Bewusstseinsbildung und der Aufbau rechtlicher Rahmenbedingungen für faire Wirtschafts- und Arbeitsbedingungen“, sagt Südwind-Geschäftsführer Konrad Rehling. Die österreichische Menschenrechtsorganisation fordert daher von Bundeskanzler Karl Nehammer, Vizekanzler Werner Kogler und Außenminister Alexander Schallenberg ein klares Bekenntnis zu internationaler Hilfe und Entwicklungspolitik sowie die Vorlage einer entsprechenden Gesamtstrategie. „Weitere Aufschübe helfen niemandem. Die Bundesregierung muss ihre Versprechen einhalten“, so Konrad Rehling.
Am stärksten von den aktuellen globalen Krisen betroffen sind ausgerechnet jene Menschen, die am wenigsten dazu beigetragen haben und zudem über wenig politischen Einfluss verfügen. Daher besteht laut Südwind auch in der entwicklungspolitischen Inlandsarbeit, die im Dreijahresprogramm der österreichischen Entwicklungspolitik verankert ist, besonders großer Handlungsbedarf. „Wir sind in Österreich über internationale Lieferketten eng verbunden mit Menschen im Globalen Süden. Denken wir an die Näherinnen in Pakistan, Indien und Bangladesch, die unter Rekordhitze unsere Kleidung nähen“, so Südwind-Geschäftsführer Rehling. „Um diese strukturellen Probleme der globalen Ungleichheit zu lösen, ist Bewusstseinsbildung auf allen Ebenen essentiell – bei Konsument:innen, Arbeiter:innen, Unternehmen und Politik. Auch das muss Auftrag der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit sein.“
Um den unterschiedlichen Ansprüchen in der Entwicklungspolitik gleichermaßen gerecht zu werden, fordert Südwind eine neue Gesamtstrategie. Die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit arbeitet aktuell auf Basis des Ende 2021 ausgelaufenen Programms. „Die punktuellen Erhöhungen, wie etwa die Anfang Mai beschlossenen Soforthilfemaßnahmen für die Ukraine und deren Nachbarländer sind begrüßenswert, ersetzen aber nicht den hohen Aufholbedarf“, so Konrad Rehling.
Laut aktuellen OECD-Zahlen zählt Österreich weiterhin zu den europäischen Schlusslichtern bei Entwicklungshilfeleistungen beziehungsweise so genannter Official Development Assistance (ODA). Vom internationalen Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) dafür zur Verfügung zu stellen, ist Österreich mit nur 0,31 Prozent meilenweit entfernt.